Musikalische Kurzgeschichte
Im Radio läuft zum wiederholtenmal das Lied, das mir an diesem Tag so richtig aus der Seele spricht: „A weißes Blaadl Papier liegt schon seit Stunden vor mir, und drom steht no gar nix“. Die Musiker von Relax haben scheinbar das gleiche Problem wie ich, und wenn ich in den Spiegel schau dann seh ich mein Gesicht, und dieser Blick verrät mir: „Mann, du bist ja jetzt schon ziemlich erledigt.“
Dabei hätte ich noch so viel zu erledigen. Aber aller Anfang ist schwer. Ich beginne jetzt, einfach mal nachzudenken. Da höre ich plötzlich eine mir vertraute Stimme: „Der Kaffee ist fertig“, ertönt es aus dem Radio, und der Peter Cornelius flüstert mir ins Ohr: "Mann, mach doch mal Pause". Seinen guten Rat will ich beherzigen, sonst bin ich tatsächlich mal „Reif für die Insel“. Nach der zweiten Tasse Kaffee höre ich plötzlich ein lautes rufen: “Theo, wir fahrn nach Lotsch“, es ist Vicky Leandros, jetzt muß ich mich beeilen, sonst ergeht es mir wie Christian Anders, der sitzt immer noch in seinem Zug nach Nirgendwo, singt gemeinsam mit Adamo „Es geht eine Träne auf Reisen.“
Dann kommt auch noch Udo Jürgens dazu, und serviert seinen „Griechischen Wein“. Sieben Fässer Wein bringt der Roland Kaiser noch herein, und danach trällert der blonde Heino hinter seiner Sonnenbrille: “Ja, ja, so blau, blau, blau blüht der Enzian". Ich merke es erst jetzt, das weiße Blaadl Papier ist schon halb voll geschrieben, und sogar Katja Ebstein meint ehrfurchtsvoll: „Wunder gibt es immer wieder.“
Nach so viel Radio, Radio, von der SpiderMurphyGang ist es Zeit, auch mal den Fernseher einzuschalten. Ich sehe zwielichtige Gestalten, zwei Himmelhunde sind auf dem Weg zur Hölle. Der dicke, bärtige und ziemlich grimmig dreinblickende Typ mit dem unvergleichlich herben Charm von Bud Spencer, raunzt mit seiner von Whyski getränkten Stimme seinen Kumpel mit den leuchtend blauen Augen an: „In welchem gottverlassenen Kaff sind wir hier eigentlich?“ Terence Hill, noch nie um einen guten Spruch verlegen, meint achselzuckend: „My Nam is Nobody“, ich weiß von nichts.
Aus einem uralten Grammophon hören die beiden plötzlich die Stimme des inzwischen auch schon ergrauten Nino de Angelo. Und der meint: Wenn mich nicht alles täuscht, dann sind wir „Jenseits von Eden“. Jetzt treibt es mir den Schweiß auf die Stirn, die Uhr tickt unbarmherzig. Es geht auf zwölf Uhr Mittags zu. "High Noon", das berühmt berüchtigte Duell mit Garry Cooper steht an. Und es ist wie einst bei Kuli: "Einer wird gewinnen". Dann fällt ein Schuss. Mir wird ganz schwarz vor meinen Augen, und ich höre noch die letzten Worte von Charles Bronson in seinem nur mir bekannten Film, der Titel diese Films lautet: "Wer zu wenig schreibt, wird erledigt." Zum Glück macht jetzt die Fernbedienung klick. Mit dem Zweiten sieht man ja bekanntlich besser. Nena räckelt sich im Fernsehsessel und singt ihr Lied: “Alles nur geträumt“.