Max und Maxima - mein innerer Schweinehund
Ist er wirklich mein bester Freund? Mehrmals täglich redet Max auf mich ein: Georg, lass im Ruhestand ganz gemütlich einfach nur die Seele baumeln. Der Max ist mir schon ans Herz gewachsen. Mit offenen Ohren lausche ich seinen Eingebungen: „Warum willst Du heute die Bergtour auf die Kampenwand machen? Der Entschleunigungsweg mit den vielen Bankerl`n ist viel bequemer. Auf der Himmelsliege kannst Du träumend in den Tag hineinschlafen, was willst Du mehr?“ Beim Blick auf die Waage bin ich verärgert. Max meint es wohl manchmal zu gut mit mir. Mein bester Freund.
Soll ich mich von Max trennen? Soll ich meinen liebgewordenen Schweinehund operativ entfernen lassen? Dieser Eingriff wird wohl kaum von Krankenkasse bezahlt werden. Schon wieder höre ich Max tuscheln: Er unterhält sich angeregt mit Maxima, mit der Naschkatze meiner Frau.Durch meine innere Stimme teilen mir die beiden einschmeichelnd mit: „Wir gehen heute auf die Aldi Wiese, da warten viele lila Milka Kühe auf uns. Komm doch mit.“ „Mir sind echte Kühe auf der Alm lieber“, wende ich energisch ein. Ich pack meinen Rucksack. Ein starkes Nervenkostüm muss unbedingt mit rein. Das nimmt viel Platz ein. Aschauer Krapfen müssen leider draußen bleiben. Trotzdem – oder gerade deswegen beginne ich jetzt gut gelaunt meine Wanderung. Nach einer kurzen Wegstrecke treffe ich an der Tränke beim Gasthof Baumbach die filmerprobte Kuh Elsa vom Huberbauer. Stolz sagt sie zu mir: „Ich bin die Kuh,die heut ins Kino geht“. Max und Maxima haben natürlich mitgehört. Sie sind begeistert von Elsa.
Jetzt werde ich von einem seltsamen tierischen Trio beeinflusst. „Von der Aldi Wiese zum Alpenkino ist es nicht weit, der kürzeste Weg ist der „Thekenweg“ muht die Kuh Elsa. „An der Aldi Theke gibt es den echten flüssigen Enzian“ schwärmt Max. „Die Apo-theke ist gleich nebenan – wenn Dir mal der Schädel brummt“ „Der Thekenweg hat es wirklich in sich“, raunzt Maxima mit verkaterter Stimme. „Deswegen hab ich im Alpenkino immer einen Filmriß“, meint Elsa. Auf so ein tierisches Abenteuer war ich heute nicht vorbereitet.
Habe ich schlecht geträumt? Oder stimmt es wirklich? Bin ich versumpft im Dschungelcamp meiner Gefühle? Ich wollte doch ein Gipfelstürmer sein. Wollte ganz hoch hinaus. Doch ich bin wieder mal vom Weg abgekommen. Der Absturz war heftig: "Und heut abend hab ich Kopfweh“. Das Lied von Ireen Sheer spricht mir aus der Seele. Max und Maxima haben mich wieder mal ausgetrickst. Die blöde Kuh Elsa kann mir mal im Mondschein begegnen. So darf es nicht weiter geh`n. Ich muss mir was einfallen lassen.
Auf den Spuren vom Aschauer Schloßherr will ich wandern. Im Herzen vom Chiemgau werde ich meine Sehnsucht stillen. Ich sehe sie direkt vor mir,die Berge des Chiemgaus. Den Hochgern, den Hochfelln,und natürlich die Kampenwand. Täglich grüßt das Murmeltier. So muss es früher wohl gewesen sein. Beim Anblick der seltsamen Alpenkaravanne vor der Bergstation verlässt die Murmeltierfamilie fluchtartig das Gelände. Das Familienoberhaupt murmelt fluchend in seinen Bart: „Nehmt euch in Acht – Ihr kennt den Werbespruch des Menschen: „Es läuft sich wie geschmiert – mit echter Murmeltiersalbe“.
„Hoch oben am Himmel – da muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“ So denkt seit ewigen Zeiten der Steinadler,wenn er elegant seine Runden dreht, um dann blitzschnell zum Beuteflug anzusetzen. Heute sieht er ganz und gar komische Gesellen neben sich herfliegen. Sie nennen sich Gleitschirmflieger. Wie Bergdohlen umrunden sie die Gipfel. Manche bleiben in den Bäumen hängen. Für den stolzen Adler ist das eigentlich zum totlachen. Aber in Wirklichkeit wird er durch diese seltsamen Kunstflieger aus seinem Lebensraum verdrängt.
In meiner Phantasie sehe ich plötzlich Max.Im dichten Bergwald hängt er hilflos am Baum. Für den Gleitschirm ist Max wohl zu schwer. Maxima versucht, auf die rund 30 Meter hohe Fichte zu klettern. Für eine Naschkatze ist das eigentlich kein Problem.Aber Maxima hat wohl zu viel Süssigkeiten in sich hineingestopft. Sie kann ihre Krallen nichtmehr ausfahren, rutscht immer wieder ab. Sie ist einfach viel zu müde.
So bleibt jeder Rettungsversuch für den armen Max erfolglos. „Recht geschieht Dir – mein ungeliebter Schweinehund“. „Ich lass Dich zappeln – bis Du endlich mal zur Einsicht kommst“. „Versprich mir, dass Du mich in meinen Aktivitäten nichtmehr behinderst.“ Max ist verzweifelt. Sein Leben hängt am seidenen Faden. An dieser verdammt hohen Fichte.Wenn er runter fällt, ist er am Boden zerstört. Maxima kann ihm nicht helfen.Sie tröstet sich mit Aschauer Baumkuchen. Danach kugelt sie den steilen Hang hinunter,knallt mit dem Schädel voll an den Fels.Da kann sich sogar die Maus ein Lachen nicht verkneifen.
„Diese Katze hat wohl keine sieben Leben“. Was für ein seltsames Paar. Dabei wollen Max und Maxima bald vor den Traualtar treten. Der Pfarrer hat schon essensreiche Worte für die Zeremonie parat: „Wollt Ihr schlemmen, in guten wie in schlechten Zeiten, so antwortet mit ja“. Das üppige Hochzeitsessen beim Brucker Wirt ist schon vorbereitet. Die musikalische Begleitung soll Udo Jürgens übernehmen. Mit seinem Lied: „Aber bitte mit Sahne“, trifft er voll den Geschmack von Max und Maxima. Der gute alte Udo hat jedoch den Löffel zum Festmahl schon abgegeben.Sein Gruß aus dem jenseits lässt die beiden erschaudern. Ziemlich ramponiert rufen die zwei jämmerlichen Gestalten um Hilfe. Will ich eines Tages auch so enden? Nie und nimmer!!
Max !! Maxima!! Ich muss ein ernstes Wort mit euch beiden reden !! Schwört hier und sofort jeglichen Versuchungen und süßen Verführungen ab. Bei einem Meineid erfolgt die sofortige Todesstrafe. Sie wird unverzüglich ausgeführt. Anstatt einer letzten Zigarette gebe ich euch eine letzte Chance. Das Ultimatum läuft heute Punkt 12 Uhr ab. Wenn ich bis dahin meinen Kurzkrimi nicht fertig geschrieben habe, werdet ihr beide meine Mordopfer sein. Die letzte Warnung hat gewirkt. Max hält endlich seine Schweinehundeschnauze, und Maxima schnurrt ohne Kuchen wie ein zufriedenes Kätzchen.
Bemerkung zur Titelfindung: Die Figuren Max und Maxima sind eigene Persönlichkeitsmerkmale. Sie sollen sozusagen den „Inneren Schweinehund“ darstellen, den es für mich auch oft beim schreiben zu überwinden gilt. Max und Maxima wurden durch ihre oftmalige Anwesenheit in diese Geschichte eingebettet, und begleiten diese kurze Story bis zu ihrem bitterem Ende.