Der Zauber einer Frau

„Da geht mir doch ein Rad ab!“, schreie ich meinen vierjährigen Sohn an, als der mit seinem Dreirad schnurstracks auf mein neuwertiges Zweirad zufährt. „Einzig und allein Deine Schuld“, keift die sonst so sanftmütige Mutter meiner Kinder zurück. „Du konntest Dich und Deinen Sprössling im Geschwindigkeitsrausch noch nie einbremsen.“ Ich denke mir nur: Es ist wie bei der Arbeit am Computer. Der Ärger ist vorprogrammiert.

Susi, meine allerliebste, gibt wie bei einem bayrischen Weißwurstfrühstück immer ihren Senf dazu: „Schalt doch mal auf Fröhlichkeit um.“ Ich überprüfe erst mal die Schaltung an meinem leicht demolierten E-Bike, will endlich in die Gänge kommen. Dann bin ich platt. Aus beiden Reifen ist die Luft raus. Wie ein Hamsterrad im Leerlauf dreh ich mich im Kreis. Meine Gefühle fahren Achterbahn. Ich denke über unsere Beziehung nach: War sie gestern noch zart bitter, ist sie heute wohl eher süss sauer.

Mein Blutzuckerspiegelbild sieht jedenfalls gar nicht süss aus. Wir durchleben jetzt wahrscheinlich unsere saure Gurkenzeit. Mir steigt Zornesröte ins Gesicht. Meine Frau heizt die Stimmung zusätzlich an: „Bevor Dir auch noch die Luft wegbleibt, hol besser gleich die Luftpumpe aus dem Fahrradkeller“, schnauzt sie mich an. Jetzt erinnere ich mich,was mir mein Arzt schon so oft gesagt hat: „Zu viel Aufregung schadet der Pumpe, die Blutdruckwerte sind schon im Keller“, denke ich. Als könnte sie meine Gedanken lesen, gibt mir meine Susi den höhnischen Rat: „Immer schön gleichmäßig pumpen, das steigert den Luftdruck im Fahrrad und senkt den Blutdruck in Dir selbst.“ Diese Weisheit liegt wohl im Zauber einer Frau begründet.